Erst Vater-, dann Aufstiegsfreuden

8. Juni 2021
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Spiel meines Lebens: Mario Gäbler reiste nach der Geburt von Reik mit den Lesumer Damen nach Norderstedt

 

Der bejubelte Aufstieg oder ein tränenreicher Abstieg. Ein unvergessener Sieg oder die bittere Niederlage in letzter Sekunde. In unserer Serie „Spiel meines Lebens“ erinnern sich Sportlerinnen und Sportler an den größten Moment ihrer Laufbahn – ganz egal, ob positiv oder negativ.

 

Bei der Auswahl des „Spiel meines Lebens“ musste der heute 52jährige Basketballer Mario Gäbler ein wenig nachdenken. Sportliche Erlebnisse positiver wie negativer Art gab es sowohl in seiner mehr als zehn Jahre währenden Spielerkarriere bei diversen Teams bis hoch in die 2. Bundesliga zuhauf, doch letztlich entschied sich Mario Gäbler für ein Match aus dem ersten Jahr seiner Trainerlaufbahn im Erwachsenen-Bereich beim TSV Lesum-Burgdamm. Besondere Bedeutung erlangte diese Auswärtspartie an einem Sonntagnachmittag mit den Damen des TSV Lesum-Burgdamm beim SC Norderstedt für ihn jedoch nicht nur in rein sportlicher Hinsicht.

Wenige Stunden zuvor nämlich, am frühen Sonnabendmorgen des 28. Februar 2004, erblickte sein Sohn Reik im Klinikum Bremen-Nord das Licht der Welt. Der Erstgeborene des Ehepaars Ilka Littke-Gäbler und Mario Gäbler. „Wir sind am Freitag spät abends ins Krankenhaus gefahren, und bei meinem ersten Kind hat die Geburt etwas gedauert“, erinnert sich Mario Gäbler noch gut, auch daran, dass er „so gegen sechs Uhr am Sonnabendmorgen freudig seine Eltern angerufen“ hat. Später bekamen die Gäblers übrigens noch zwei Töchter (heute 15 und 12 Jahre alt), die im Gegensatz zum Sohnemann aber nicht dem Basketball verfallen sind.

Da dürfte man vermuten, dass der Damentrainer des TSV Lesum-Burgdamm seine in dieser Saison in der 2. Regionalliga ohnehin auf Aufstiegs- und Meisterkurs liegenden Spielerinnen rund 24 Stunden später alleine Richtung Schleswig-Holstein würde aufbrechen lassen. Aber ganz und gar nicht. „Ich hatte viel Adrenalin in mir und war auch nicht wirklich müde, also bin ich mitgefahren – in Absprache mit meiner Frau, versteht sich. Die Mädels haben mich schon auf dem Parkplatz vor der Sporthalle Heisterbusch mit einem Trikot und kleinen Nike-Turnschuhen für Reik als Geschenk empfangen“, beschreibt Mario Gäbler den nächsten Höhepunkt des Wochenendes. In Norderstedt ging es sportlich für die Lesumerinnen darum, beim Tabellendrittletzten die große Chance beim Schopf zu packen, sich mit einem Sieg bereits am drittletzten Spieltag der Saison den Aufstieg in die 1. Regionalliga, die dritthöchste deutsche Spielklasse, zu sichern. Die Nordbremer Gäste verloren zwar das erste Viertel mit 18:22 Punkten, weil es in der Defensive noch haperte, konnten aber zumindest bis zur Halbzeitpause einen Gleichstand erzielen (38:38). Im zweiten Durchgang lief für die Lesumerinnen dann aber alles wie gehabt, am Ende stand ein 82:52-Auswärtssieg auf der Anzeigetafel, und der Aufstieg war perfekt. Die genaue Form der Feierlichkeiten der Spielerinnen auf der Rückfahrt und am Sonntagabend in Lesum ist nicht überliefert – Mario Gäbler jedenfalls kehrte direkt mit dem Triumph im Gepäck zu seiner jungen Familie nach Hause zurück.

„Ich hatte zuvor bereits Jugendmannschaften in Lesum trainiert, aber gleich im ersten Jahr als Trainer bei den Erwachsenen einen Aufstieg zu schaffen, war schon etwas Besonderes“, bilanzierte der 1,88 Meter große Flügel- und Aufbau-Spieler, der nach seiner Lesumer Herrenzeit bei den Eisbären Bremerhaven in der 2. Basketball-Bundesliga seine Highlights als Aktiver erlebte. „Die Lesumer Damen wurden vor der Saison von Vielen als schwierig zu coachen eingestuft, aber irgendwie ist mir das dann doch gut gelungen“, erinnert sich Mario Gäbler heute mit Freude an eine harmonische Spielzeit 2003/2004. „Ich hatte wohl eine gute Ansprache, es hat intern und untereinander in der Mannschaft alles gestimmt. Wir hatte viele jüngere Spielerinnen, und die Älteren haben die gut mitgezogen.“ So zeichnete sich der mögliche Aufstieg bald nach Saisonbeginn bereits ab, er war jedoch kein Muss, weil Lesum der Konkurrenz nicht total überlegen war. Eine knappe Woche später machten die Damen des TSV Lesum-Burgdamm auch die Meisterschaft in der 2. Regionalliga perfekt. Gegen den MTV Gerdau siegten sie mit 91:63 und ließen sich gleich doppelt feiern. Einmal nach Spielschluss von ihren Fans in der Halle Heisterbusch und später auch noch in der Bördestraße in der Halbzeitpause des Herren-Zweitliga-Heimspiels der Bremen Roosters gegen die Rimrockers Bernau (112:85). An diesem Sonnabendabend nahm Trainer Mario Gäbler übrigens am gemeinsamen Essen und der anschließenden Party teil, sein Sohn war da ja auch schon eine ganze Woche alt und seine Frau längst aus dem Krankenhaus entlassen.

Reik Gäbler hat nach einigen Jahren Fußball beim TSV Lesumstotel mit neun Jahren den Basketballsport für sich entdeckt. „Meine erste Amtshandlung in Gaten unseres Hause in Scharmbeckstotel war das Aufstellen eines Basketballkorbes“, schmunzelt Mario Gäbler. Allerdings begann Gäbler Junior nicht in Lesum mit der Korbjagd sondern bei Bremen 1860, dort fungierte Vater Mario zu der Zeit gerade als Coach der U14, in die Reick Gäbler aufgrund seiner damaligen körperlichen Entwicklung gleich einstieg. Heute spielt der 17-jährige und bereits 1,91 Meter große Reick Gäbler eine tragende Rolle in der Nachwuchs-Bundesliga-Mannschaft der Eisbären Bremerhaven in der NBBL und soll, mit einer entsprechenden Lizenz ausgestattet, auch in der U18-Landesliga-Mannschaft von Basketball Lesum/Vegesack (BLV) wieder eine Führungsrolle übernehmen. Sogar Training oder Einsätze bei den BLV-Herren in der Oberliga wären denkbar. Dessen Trainer wird aller Voraussicht nach der gleiche wie in der abgebrochenen Saison 2020/2021 sein – nämlich Vater Mario Gäbler. Da könnte sich dann ein Kreis schließen, dessen Beginn am turbulenten letzten Februar-Wochenenden des Jahres 2004 lag. Mit Mario Gäblers erster Vaterschaft, dem ersten Aufstieg als Erwachsenen-Trainer und dem Basketball-„Spiel seines Lebens“.

Quelle: Weser-Kurier, Die Norddeutsche, Marc Gogoll, 01.06.2021

Aus dem Vereinsleben