„Manchmal hat man viele blaue Flecken“

15. Mai 2020
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Jessica und Saskia Goll, zwei Schwestern, die schon seit vielen Jahren Basketball spielen und nun in der beendeten Saison 2019/20 auch wieder gemeinsam in einer Mannschaft, dem Bezirksoberliga-Meister von Basketball Lesum/Vegesack (BLV) aktiv sind. Kennen Sie eine ähnliche familiäre Konstellation im Bremer Basketball oder umzu, oder sind Sie darin quasi einzigartig?

Jessica Goll: Geschwister-Paare, die zusammen in einem Team Basketball spielen, gibt es mit Sicherheit im Bremer Umland einige. Vielleicht ist es einzigartig, dass Saskia und ich schon seit über zehn Jahren – auch in unterschiedlichen Vereinen – zusammen auf dem Spielfeld standen. Wir haben in dieser Zeit jegliche Höhen und Tiefen zusammen erlebt, zum Beispiel den Titelgewinn auf einer Norddeutschen Meisterschaft, sowie den vierten Platz auf der Deutschen Meisterschaft mit dem U16-Kader. Leider aber auch, ich glaube zwei Abstiege. All die Erlebnisse halten uns stark zusammen.

Saskia Goll: Ich denke die Konstellation, dass Geschwister zusammen spielen, gibt es im Bremer Basketball bestimmt häufiger. Das vielleicht Einzigartige an uns ist, dass wir schon seit über zehn Jahren in jeder Saison ohne eine Unterbrechung in dem gleichen Team gespielt haben – egal für welchen Verein wir aufgelaufen sind. Wir haben jeden Titel und jeden Abstieg somit zusammen erlebt.

Wie kam es im Jugendalter jeweils zu Ihrer Leidenschaft, auf Korbjagd zu gehen?

Jessica Goll: Ich habe die unterschiedlichsten Sportarten während meiner Kindheit ausprobiert, Schwimmen, Leichtathletik und vieles mehr. Irgendwann habe ich angefangen, in Platjenwerbe Korbball zu spielen. Ein paar Jahre später wurde ich angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, mir das Basketball-Training in Lesum anzuschauen. Mir hat das Training sofort Spaß gemacht, und ich wollte die Sportart weiter erlernen und an Punktspielen teilnehmen. Irgendwann musste ich mich zwischen den beiden Sportarten entscheiden. Ich habe leider gemerkt, dass ich in den Trainingseinheiten von Korbball und Basketball oft mit dem Regelwerk durcheinander gekommen bin. Jetzt spiele ich mittlerweile schon seit 19 Jahren Basketball.

Saskia Goll: Jessi hat Jahre vor mir angefangen Basketball zu spielen, ich habe da noch aktiv Leichtathletik betrieben. Zu den Spielen von ihr bin ich aber natürlich oft gegangen. Da habe ich in den Halbzeiten ab und zu auch mal auf den Korb geworfen. Daraus hat sich dann ergeben, dass ich auch mal zu einem Training gegangen bin. Tatsächlich haben Jessi und ich da das einzige und letzte Mal nicht zusammen gespielt, da sie da schon in der U16 war und ich zum U14-Training gegangen bin. Ich habe eine Zeit lang Leichtathletik aktiv betrieben und Basketball gespielt. Das hat natürlich von der Zeit her nicht lange gleichzeitig funktioniert, und dann kam der Zeitpunkt, an dem ich mich für eine Sportart entscheiden musste.

Schauen wir einmal auf das Damenteam von Basketball Lesum/Vegesack, welches sich ja im Sommer 2019 nach langer Abstinenz mit einigen Rückkehrerinnen neu zusammengefunden hat. Auch Sie beide waren ja eher „alte Bekannte“ in Bremen-Nord, wie kam es zu Ihrem Interesse, in Bremen-Nord wieder etwas im Damenbereich aufzubauen und dabei jeweils eine führende Rolle zu spielen?

Jessica Goll: Am Ende der letzten Saison (Anm. der Redaktion: bei den Weser Baskets/Bremen 1860 in der 2. Regionalliga) war mir eigentlich klar, dass ich mit dem Basketball aufhören werde. Ich wollte mehr Zeit für mich haben, ohne die weiten Auswärtsfahrten oder die Verpflichtung zum Training fahren zu müssen. Nach mehreren Monaten Pause ohne einen Basketball in der Hand habe ich gemerkt, dass es wieder in meinen Fingern kribbelt und mir die Sportart fehlt. Ich bin erst, mehr oder weniger, kurz vor Saisonbeginn wieder dazugekommen, da war mein Damenteam bereits schon in Lesum gemeldet.

Saskia Goll: Mit dem Verein und dem Heisterbusch wird man irgendwie immer eine besondere Verbundenheit haben. Das erste Mal nach Jahren wieder in die Halle zu gehen war schon ein verrücktes Gefühl. Da hat alles vor Jahren angefangen. Wir sind in der Saison 2018/19 leider abgestiegen, und es war unklar wie es mit unserem Team weiter gehen wird. Wir als Damenteam, das schon seit vielen Jahren zusammen spielt, wollten auf jeden Fall zusammen bleiben. Dann kam das Angebot wieder in Lesum zu spielen, und das haben wir dankend angenommen.

Nun wurde die Saison bei noch einem ausstehenden Spiel zwar abgebrochen, dennoch konnten Sie mit dem BLV nach dem 69:50-Auswärtssieg beim Tabellenzweiten BC VSK Osterholz-Scharmbeck am 7. März gerade noch ungeschlagen die Meisterschaft in der Bezirksoberliga und den Aufstieg in die Oberliga feiern. Wurde die Freude durch die Aussetzung des Spielbetriebs in der Folgewoche noch getrübt?

Jessica Goll: Gerne hätte ich das letzte Spiel noch gespielt. Ich kann aber auch vollkommen verstehen, dass der Spielbetrieb eingestellt wurde und finde diese Entscheidung richtig!

Saskia Goll: Nein, natürlich hätten wir das letzte Spiel gerne noch gespielt, aber die Gesundheit geht einfach vor. Dass das Spiel abgesagt wurde, war auf jeden Fall richtig. Natürlich auch dann, wenn das letzte Spiel das Aufstiegsspiel gewesen wäre.

Die Zusage für die BLV-Damen in der Oberliga – wenn die neue Spielzeit denn im Herbst dieses Jahres beginnen sollte – haben Sie beide schon gegeben?

Jessica Goll: Wir haben uns als Team im Videochat verabredet, und dort habe ich meine Zusage für die nächste Saison gegeben.

Saskia Goll: Ja, die Zusage habe ich dem Trainer und dem Team schon gegeben.

Die Bezirksoberliga war definitiv zu schwach für Ihre Mannschaft. Jessica Goll, Sie wurden nicht nur im Spitzenspiel in Osterholz-Scharmbeck mit 24 Punkten Top-Scorerin des BLV-Teams sondern mit 17,5 Zählern im Schnitt auch beste Schützin der gesamten Liga. Saskia Goll, Sie stehen in diesem Ranking mit 15,5 Punkten im Schnitt auf Platz fünf der Liga. Gehörte eine relativ hohe Punktausbeute schon immer zu Ihren Stärken? Oder sehen Sie sich eigentlich eher als Zulieferin und Vorlagengeberin?

Jessica Goll: Für mich ist am Ende wichtig, das Spiel auf dem Spielfeld zu gewinnen! Ich gebe dafür alles, ob es in der Verteidigung oder im Angriff ist. Ob dabei viele Punkte rausgekommen sind, ist dabei nicht so wichtig. Mich freut auch ein schönes Anspiel auf meine Mädels.

Saskia Goll: Schwierige Frage. Früher gehörte eine hohe Punkteausbeutung tatsächlich nicht zu meinem Stärken. Das hat sich irgendwann entwickelt, und jetzt versuche ich auf dem Feld für das Team, ob in der Offense oder in der Defense, alles zu geben. Ab und zu macht man dann viele Punkte, manchmal hat man tolle Zuspiele auf die Mädels oder eben auch viele blaue Flecken. So etwas kann ich aber leider nicht planen.

Was wünschen Sie beide sich für die momentane Corona-Krisenzeit und auch für den Herbst, wenn Basketball-Spiele in den Sporthallen – ob mit oder ohne Zuschauer – hoffentlich wieder möglich sein werden?

Jessica Goll: Gesundheit für Alle! Außerdem, dass wir irgendwann die Krise gemeinsam überstehen werden und ich meine Familie und Freunde wieder sehen kann. Falls im Herbst der Spielbetrieb wieder starten sollte, würde mich das natürlich freuen. Vor allem in einer neuen Liga mit neuen Herausforderungen. Egal, ob mit oder ohne Zuschauer.

Saskia Goll: Es ist tatsächlich eine schwierige Zeit für uns alle gerade. Wir als Team haben uns auch, außer in einer Videokonferenz, seit Wochen nicht gesehen. Normalerweise sehen wir uns mindestens drei Mal die Woche. Ich wünsche mir, dass alle versuchen, etwas beizutragen, damit wir hoffentlich irgendwann wieder ein wenig Normalität haben werden, und vielleicht auch die Saison im Herbst unter besonderen Vorgaben starten darf.

Zur Person

Jessica Goll (29) spielt schon seit dem zehnten Lebensjahr Basketball. Hauptberuflich ist sie als Sport- und Fitnesskauffrau in der Verwaltung eines Sportvereins tätig

Saskia Goll (26) spielt seit ihrem 13. Lebensjahr Basketball. Seit 2014 arbeitet sie als Beitragsmanagerin bei der AOK Bremen/Bremerhaven.

Quelle: Weser-Kurier, Die Norddeutsche, Marc Gogoll, 15.05.2020

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